Was ist über 380kV Erdkabel bekannt?


In diesem Beitrag informieren wir über alle Aspekte des 380kV Erdkabels, welche Tatsachen bekannt sind, und wo die Planer Neuland betreten. Wir zeigen, wie die Berliner 380kV „Diagonale“ aufgebaut ist. Erklären, wieso Muffenbauwerke notwendig sind, und warum die von Trianel in ihrem Antrag „Kabeltrasse“ ausgeführte Verlegungsvariante nichts mit der Realität zu tun hat.
Unser Gastautor ist Dipl. Ing. für Elektrotechnik. Ein Fachmann für diese Fragen.


Die BI hat recht, wenn sie sagt, dass es in Deutschland bisher nur ein einziges Erdkabel in der 380 kV-Spannungsebene gibt, nämlich zwei Teilstücke der sogenannten Berlin-Transversalen (Berlin-Diagonale). Die beiden Erdkabel-Teilstücke wurden in den Siebziger- und Neunziger Jahren gebaut (siehe rote Kreise in der Grafik). Außerdem besteht die Transversale noch aus Freileitungsabschnitten und einer Verkabelung im Tunnel (Bilder der Tunnelverkabelung sieht man sehr häufig im Internet)

 

 

Wichtig ist: Beide Erdkabel-Teilstücke in Berlin wurden in der damals üblichen Ölkabel-Technik ausgeführt. Heute würde man so genannte VPE-Kabel (Kunststoff-isolierte Kabel) verwenden, die in der 110 kV-Spannungsebene schon länger üblich sind.

 

Erfahrungen mit Kabeltrassen in Dänemark oder gar in Japan können nicht die fehlenden Erfahrungen mit solchen Techniken in Deutschland aufwiegen. Unzureichende Kenntnisse der technischen Randbedingungen in den genannten Ländern lassen einen seriösen Erfahrungstransfer nicht zu.

 

 

Die Diskussion Kabel – Freileitung:

Derzeit findet man im Internet sehr viele Beiträge, die sich mit technischen und kommerziellen Vergleichen zwischen Erdkabeln und Freileitungen beschäftigen. Das liegt daran, dass allen Akteuren der Energiewende bewusst ist, dass es insbesondere an Übertragungsleitungen fehlt, insbesondere den Leitungen in Nord-Süd-Richtung. Da Genehmigungsverfahren für neue Freileitungstrassen bis zu 15 Jahre dauern, rücken die Erdkabel verstärkt in den Fokus. Dies wurde (und wird weiterhin) auch dadurch verstärkt, dass die Bevölkerung im Allgemeinen davon ausgeht, dass ein Erdkabel “gesünder” ist.

Die Tatsache, dass Erdkabel im Boden verschwinden, wird gleichgesetzt mit der Annahme absoluter Natur- und Menschenverträglichkeit. Die Folge ist: Oftmals fordert die Bevölkerung die Verlegung eines Erdkabels an Stelle einer Freileitung.

 

Die Verbundnetzbetreiber haben mit Hilfe vieler eigener Untersuchungen mittlerweile eine einstimmige Front gegen Erdkabel aufgebaut. Grund ist wahrscheinlich: Erdkabel sind vier bis zehn Mal teurer als Freileitungen. Diverse Untersuchungen seitens verschiedener Verbundnetzbetreiber liegen der BI als PDF-Dateien vor und können bei Bedarf zur Verfügung gestellt werden.

 

Eine recht objektive Gegenüberstellung von Freileitung und Erdleitung findet sich hier:

http://www.forum-netzintegration.de/59/?L=0

 

 

Magnetfelder von Erdkabeln

Wie schon erwähnt, wird von der Bevölkerung regelmäßig übersehen, dass auch ein Erdkabel ein nennenswertes Magnetfeld erzeugt. Magnetfelder können nämlich nicht bzw. nur sehr schwer abgeschirmt werden. Die Höhe des Magnetfelds hängt von der Entfernung zum Kabel bzw. zur Freileitung ab (1/Radius).

 

Unmittelbar über einem Erdkabel (also im Bereich der Straße, unter der ein Erdkabel verlegt ist), ist das Magnetfeld sogar größer als das einer Freileitung. Das liegt einfach daran, dass der Abstand zu einem Erdkabel geringer ist als der Abstand zu einem Freileitungsseil. Im Vergleich zur Freileitung nimmt das Magnetfeld eines Erdkabels jedoch deutlich schneller ab, je weiter man sich vom Kabel entfernt.

 

Wissenschaftler der RWTH Aachen1 bestätigen diese Aussagen, weswegen dieser Aspekt als gesichert angesehen werden kann. Herr Dr. Schöpfer hat in diesem Punkt auch keinen Einwand erhoben.

 

Das Magnetfeld der 380 kV-Leitung durch Schmidt und Hausen wird den in Deutschland geltenden Grenzwert der 26. BImSchG (100µT) nicht überschreiten, sondern wahrscheinlich deutlich unterschreiten. Dies ist Trianel bewusst, weswegen man den Aspekt “Schutzgut Mensch” in den Antragsunterlagen zum Raumordnungsverfahren sehr lapidar beantwortet.

 

Es ist natürlich nachvollziehbar, dass die betroffenen Anwohner trotzdem besorgt sind. Zumal es in den vielen Studien zur Verträglichkeit von “niederfrequenten elektromagentischen Strahlen” auch solche gibt, die eine negative Beeinflussung der Gesundheit von Kindern (Leukämie) zumindest nicht ausschließen.

 

Und außerdem gelten in den Niederlanden, der Schweiz, Israel, Irland und in Italien deutlich niedrigere Grenzwerte (1 µT). Die dort geltenden Werte würden durch das Kabel von Trianel mit hoher Wahrscheinlichkeit deutlich übertroffen. Siehe dazu folgende Quelle:

http://www.forum-netzintegration.de/77/

 

Zweifel an dem in Deutschland geltenden Grenzwert für die Magnetfeldstärke drängen sich also auf.

 

 

Verlegung des Erdkabels im Bündel oder “nebeneinander”

Diese Frage ist von besonderer Bedeutung, sowohl für den Flächenverbrauch der Kabeltrasse als auch für die auftretenden Magnetfelder.

 

Denn: Je “idealer” ein sogenanntes Dreierbündel realisiert werden kann, desto besser kompensieren sich die Magnetfelder der drei Einzelleiter. Im nur theoretisch denkbaren Idealfall (alle drei Leiter liegen an derselben Stelle) kompensieren sich die auftretenden Felder zu Null (elektrotechnische Erklärung: in einem symmetrischen Drehstromsystem addieren sich die Ströme in den drei Leitern zu jedem Zeitpunkt zu Null. Das gleiche gilt für die von den Strömen hervorgerufenen Magnetfelder). Je weiter die drei Einzelleiter voneinander entfernt liegen, desto geringer ist der Effekt der Kompensation und desto größer ist das messbare Gesamt-Magnetfeld der Kabeltrasse.

 

Eine Bündelverlegung hätte natürlich auch den positiven Effekt, dass die Kabeltrasse verhältnismäßig schmal bleiben würde.

 

Eine Verlegung im Dreierbündel wäre also aus diesen beiden Gründen anzustreben. Ob das allerdings möglich ist, hängt davon ab, wie stark das Erdkabel belastet ist, d.h. wie hoch der Strom ist, der durch das Kabel fließt. Denn der Strom erzeugt Wärme im Kabel und diese muss nach außen abgeführt werden. Andernfalls wird das Kabel zu warm und die Isolierung nimmt Schaden.

Ergibt sich bei der genauen Auslegung des Kabels, dass die durch den Stromfluss entstehende Wärme nur dann ausreichend abgeführt werden kann, wenn die Kabel nebeneinander verlegt werden (statt im Dreierbündel), dann steigt der Flächenverbrauch der Trasse und zusätzlich die Emission des Magnetfelds deutlich an.

 

Auch für die deutschen Netzbetreiber wäre die Dreier-Verlegung oder Bündelverlegung also eine interessante Option. Intensive Internet-Recherchen zeigen aber, dass diese Art der Verlegung bisher nirgendwo untersucht worden ist. In keiner bisher bekannten Veröffentlichung ist jemals von einer Bündelver­legung im 380 kV-Spannungsbereich berichtet worden. Alle Planungen und Pilotprojekte zeigen eine “Nebeneinander”-Verlegung der Kabel.

 

Dies ist verwunderlich und legt die Vermutung nahe, dass Trianel in den Unterlagen des Raumordnungsverfahrens entweder bewusst falsche Tatsachen darstellt oder aus Unkenntnis so handelt.

 

Unterstellt man, dass Trianel den ganzen Sachverhalt jedoch kennt, trotzdem aber nur die “harmlose” Bündelverlegung in seinen Planunterlagen darstellt, muss man mindestens eine unzureichende Informationspolitik, eher aber eine Täuschung der Öffentlichkeit annehmen.

 

 

Die Muffenbauwerke

Sollte im günstigsten Fall tatsächlich eine Bündelverlegung realisiert werden, dann muss trotzdem festgestellt werden: die erforderlichen Muffenbauwerke sind auf eine Nebeneinander-Verlegung der drei Kabel auszulegen.

 

Muffenbauwerke dienen dazu, einen Zugangspunkt zu den Muffenverbindungen zu schaffen (meist unterirdisch) und um Wartungs- und Reparaturarbeiten zu vereinfachen. Außerdem sind die Muffen entlang der Längsachse der Kabel versetzt und in dem Bereich der Muffen auf einen Abstand von 1,5 m gespreizt angeordnet, um hier Freiraum für eventuell notwendige Arbeiten zu schaffen.2 Im Resultat bedeutet dies: Unabhängig von einer Bündel-oder Nebeneinander-Verlegung werden alle 700-900 Meter (abhängig vom Kabeltyp, der derzeit noch nicht bekannt ist) Muffenbauwerke entstehen, die eine Dimension von ca. 6m x 8 m (B x L) haben werden.

 

 

Fazit

Die Ausführungen machen deutlich, dass keineswegs die erforderlichen Erfahrungen mit 380 kV Erdkabeln in Deutschland vorliegen. Dies kommt auch in den unzureichenden Ausführungen von Trianel zu der Realisierung der Kabeltrasse und den zu erwartenden Magnetfeld-Emissionen zum Ausdruck.
 

Trianel will eine Genehmigung für eine 380kV Höchstspannungsleitung von der Bezirksregierung Köln erhalten, ohne die für das Projekt nötigen Voraussetzungen zu haben! Typisch Trianel!

 

 


1 Frank Gollnick, RWTH Aachen in “Die Illusion vom schönen gesunden Erdkabel”, Artikel in der Zeitschrift Welt vom 16.11.12

 

2 “Ausbau elektrischer Netze mit Kabel oder Freileitung unter besonderer Berücksichtigung der Einspeisung Erneuerbarer Energien”, Eine Studie im Auftrag der Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit, S. 48


Kommentare und Pings sind geschlossen.

9 Kommentare

  1. Ist sich Trianel eigentlich darüber im Klaren, dass bei einem Scheitern dieses technischen Wahnsinnsprojektes Regressforderungen in schwindelerregender Höhe auf den Konzern zukommen?

    • Helmut Stegh sagte am 2. Februar 2013 um 17:10

      Ich denke wenn das schief gehen sollte macht Trianel die große Flatter. Das heißt
      der Steuerzahler ist mal wieder gefragt.

  2. Dr.Bauer sagte am 18. Dezember 2012 um 11:09

    Vermutlich wird dann der Stromkunde zur Kasse gebeten und zum erneuten mal der Dumme sein.

  3. Franjo sagte am 20. Dezember 2012 um 00:45

    Viele Menschen haben einen kleinen Taschenkompass.
    Wenn man sich in die Nähe von Hochspannungsleitungen oder Trafostationen begibt ist es schwierig den Nordpol zu finden.
    Wenn dann wieder die Soldaten ihren Orientierungsmarsch durchführen müssen, der Weg über Schmidt führt, ist fraglich, ob sie ihr Ziel erreichen oder an der Einspeisestelle hinter Vlatten auskommen.
    Herzschrittmacher mögen auch keine Magnetfelder. Ist auszuschließen, dass Trägern solcher lebenswichtigen Hilfen keine Gefahr droht, wenn sie durch Schmidt laufen?
    Schöne Feiertage an alle BI-Unterstützer.

  4. Martin Sprenger sagte am 20. Dezember 2012 um 08:54

    Also, das Oberbecken muß im Nationalpark gebaut werden in einem Bereich wo massiv Fels vorkommt, die Pumpleitung muß in min 1,20 m Tiefe verlegt werden, in Fels und über welche Trassen wird der ganze Aushub und das zum Bauen benötigte Material transportiert?????? Ich war 1972 am Neubau des Pumpspeicherwerks Langenprozelten beteiligt, das ist sehr gut dokumentiert und daher im Internet gut zu finden.
    Die Massen zu bewegen bringt viel Umweltzerstörung in die Eifel, schaut Euch den Weiterbau der A1 an, wo welche Massen transportiert werden sollen und bei der A1 war relativ wenig Fels und den konnt man sprengen, war ja \\\\\\\”nur Wald drumherum\\\\\\\” – aber jetzt nur noch \\\\\\\”Ökos\\\\\\\” drumherum die um jeden Schmetterling kämpfen und bei diesem Monsterbauwerk – gut bringt für zwei Jahre Arbeit für 50 -100 Leut und viel kaputte Landschaft, also her mit den \\\\\\\”Ökos\\\\\\\” und Demos auf den Trassen für Pumpleitung, Kabelkanal und Oberbecken.
    Wir ham kein Geld Stromkabel von der See nach Süddeutschland zu verlegen, aber Geld diesen Schwachsinn zu finanzieren.
    Der Rursee wird heut immernoch, wie damals, zur Stromerzeugung genutzt, der See ist intakt für Mensch, Tier und Pflanzen, da brauchen wir den Megas…. nicht. Wer nimmt denn den Strom vom Pump…Rursee ab, wie kommt der dahin wieviel Kabel braucht das – in Langenprozelten ist einen Kilometer vom Kraftwerk die DB Güterstrecke, aber am Rursee nur wenige Menschen und noch weniger Betriebe ???? Dieser Schwachsinn muß schnellstens beendet werden!
    tschööö

    Martin Sprenger
    Baustoffprüfer
    SV für Schäden an Gebäuden
    Wertgutachten

  5. armerlazarus sagte am 20. Dezember 2012 um 13:45

    Ist schon klar, ständig patroillieren ja auch Heimatschutztruppen durch Schmidt und Hausen um diese außerordentlich strategisch wichtigen, wirtschaftlichen Ballungsräume vor einem Einmarsch natofeindlicher Truppen zu schützen, allerdings sollte man dabei nicht vergessen das auch deren Taschenkompass (falls vorhanden) von den im Erdreich vergrabenen Hochspannungsleitungen beeinträchtigt würde!

    Kaum auszudenken was passieren könnte, wenn diese feindlichen Truppen dann ausgerechnet zwischen Vlatten und Wollersheim auf die sich verirrten Heimatschutztruppen stoßen würden?

    Zum Glück wohne ich in einer deutschen Großstadt und hab es trotz massenweise vergrabener Leitungen und selbst in kritischem Zustand immer noch geschafft den Weg nach Hause (ohne n) zu finden!

    Nichts für ungut…viel für schlecht!!!!

  6. K-P Herbst sagte am 21. Dezember 2012 um 11:55

    Ich hatte früher in Bonn, mein Büro in einer Straße, unter deren gegenüberliegendem Trottoir, nach Nachforschungen, eine Gleichstrom- Leitung lag, die zur Versorgung der Straßenbahn diente.
    Aufmerksam wurde ich dadurch, als ich meinen PC-Bildschirm in den Straßenbereich verlegen musste, und mein Bild ab und zu kräftig gestört wurde. Ich nahm dann mal meinen Boots-Kugel-Kompass mit und bemerkte, dass er sich gleichzeitig zu den Bildstörungen bewegte; und sogar Purzelbäume schlug.
    Besonders wenn die Straßenbahn zur Überwindung der Bonner Rheinbrücke genug Strom zog, entstanden die Störungen.
    Wenn man bedenkt, dass es im medizinischen Bereich Magnetfeld- Anwendungen gibt, deren Feldstärke wesentlich geringer sind, dürften die Auswirkungen solch starker Magnetfelder logisch betrachtet, nicht gerade gesundheitsförderlich sein.

    Nochmal möchte ich zu überlegen geben, welchen Dieselverbrauch und CO2/Ruß Emissionen, durch 200.000 LKWs entstehen, und ob wir so etwas in einem Naturschutzgebiet zulassen sollten.

    Wir haben zwei, voll taugliche Pumpspeicherkraftwerke, die sogar >>>kostenlos

  7. Julian sagte am 23. April 2013 um 15:54

    Also versteh ich das richtig, dass abgesehen von den Zahlen mit denen Trianel hier jongliert, man einfach noch garnicht die technische Tragfähigkeit hat um diese Anlage vernünftig zu nutzen? Das ist doch irgendwie Schwachsinn. Für mich wirkt das wie ein Projekt das zum ausprobieren dient. So frei nach dem Motto “wenns klappt ist gut aber wenn nicht dann halt nicht.” Ich kann nicht nachvollziehen wie man mit reinem Gewissen ein solches Projekt ins Leben rufen kann, wenn man genau weiß was dabei rum kommen wird. Also hier wird scheinbar nach dem Motto gearbeitet “probieren geht über studieren.”
    Also Fazit: Für die Energiewende ne nette idee, doch offenbar nicht durchdacht oder auch nur ansatzweise wurde hier über die Folgen nachgedacht.
    Danke das ihr Rettet den Rursee gegründet habt!

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