Fraunhofer-Studie: Rursee-PSW für Energiewende nicht nötig


In einer Presse-Aussendung haben wir darauf hingewiesen, dass sowohl das Umweltbundesamt als auch eine neue Studie des Fraunhofer-Instituts davon ausgehen, dass zu einer CO2-freien Energieversorgung in Deutschland bis 2050 KEINE neuen – außer den in Bau befindlichen – Pumpspeicherwerke erforderlich sind.


Das Umweltbundesamt geht bis 2050 von 8,6 GigaWatt Pumpspeicherleistung in Deutschland aus und sieht diesen Stand durch Ertüchtigung der vorhandenen Pumpspeicher und den z.Z. im Bau befindlichen als ausreichend an. Fraunhofer spricht von max. 10GW.

 

Wenn man zu den Zahlen des Umweltbundesamtes, den in den Studien nicht berücksichtigten Pumpspeicher Vianden (1,3GW) an der Luxemburger Grenze hinzurechnet (Vianden wird in Essen von RWE gesteuert und bedient nur den Deutschen Markt), erreicht man auch die Vorgaben der Fraunhofer-Studie (9,9GW).
Das bedeutet im Klartext: Das Pumpspeicherwerk Rursee ist für die Energiewende nicht notwendig!

 

 

Die Entscheidung auf Errichtung eines Pumpspeicherwerks hat Trianel VOR der politischen Entscheidung zur Energiewende gefasst. Damals war die Idee, dass durch die Forderungen des EnergieEinspeiseGesetzes, den grünen Strom zuerst im Netz zu verbrauchen, jede Menge Grundlaststrom aus den schlecht zu regulierenden, alten Kraftwerken an der Strombörse in Leipzig billigst angeboten wird. Damit wollte Trianel pumpen.

 

NACH der Energiewende, und nach der Forderung, die Atomkraftwerke abzuschalten, hat sich die wirtschaftliche Perspektive grundlegend geändert: Der “billige” Atomstrom wird verschwinden.  Neue regelbare Kraftwerke übernehmen die Funktion der alten, nicht regelbaren Kraftwerke. Damit reduziert sich die Geschäftsgrundlage des Pumpspeicherwerks sukzessive. Das wird bereits – durch die Abschaltung der AKWs – während der Bauzeit des Pumpspeicherwerks eintreten.

 

Trianel hat keine Rentabilitätsberechnungen NACH der Energiewende vorgelegt. Damit ist davon auszugehen, dass eine Auslastung des Pumpspeicherwerks nach der Fertigstellung nicht zu erwarten ist. Der grüne Solar- oder Windstrom ist zu teuer, um damit zu pumpen. Daraus begründet sich der Vorwurf der BI, am Rursee solle eine Industrieruine errichtet werden.

 

Die Zukunft der Pumpspeicher sieht auch Fraunhofer und das Umweltbundesamt nicht anders: Beide gehen vom Bestand der vorhandenen Pumpspeicherwerke aus und empfehlen die Ertüchtigung vorhandener Pumpspeicher, sprechen sich aber nicht für Neuinvestitionen aus.

 

Wieso soll dann trotzdem ein Pumpspeicherwerk gebaut werden?

 

Die Rot-Grüne Landesregierung sieht mit dem Stadtwerkeverbund Trianel die Möglichkeit, ein von den großen Vier (RWE, EON, Vattenfall , EnBW) unabhängiges Energienetz aufzubauen. Trianel hat die Sympathie der Politik. (Das sind unsere Stadtwerke, die gilt es zu fördern.) Aber auch die “sympathische” Trianel unterliegt den Gesetzen des Marktes. Nur: Hier ist es schlimmer, wenn etwas schief geht. Dann bezahlen alle Bürger den Konkurs. Bei den großen Vier fluchen nur die Aktionäre.

 

Trianel investiert zur Zeit mit seinen Stadtwerkepartnern in alle möglichen Kraftwerksprojekte. Allerdings – wie es scheint – ohne energiepolitisches Konzept:
Das neue Trianel Gaskraftwerk in Hamm hat wirtschaftliche Probleme, das neue Kohlekraftwerk Lünen hat keine Betriebsgenehmigung, der neue Windpark vor Borkum kann nicht ans Netz, Teilhaber der Trianel gehen durch ihre Investitionen in Trianelprojekte inzwischen pleite.

 

Die Bürgerinitiative findet, wir als Bürger, dürfen  von Trianel eigentlich mehr Verantwortungsgefühl bei Investitionsentscheidungen verlangen.

Zusammenfassend geht die BI davon aus, dass der wirtschaftliche Schaden durch die Errichtung des PSWs für die Region größer sein wird als der angestrebte, energiepolitische Nutzen.

 


Die Studien im Detail:

Wir beziehen uns bei unserer Argumentation auf zwei verschiedene Studien:

 

100 % Erneuerbare Energien für Strom und Wärme” des Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE, sowie “Energieziel 2050: 100% Strom aus erneuerbaren Quellen” des Umweltbundesamtes.

 

Im Folgenden haben wir die zutreffenden Abschnitte noch einmal wiedergegeben, sowie die wichtigen Stellen hervorgehoben.

 

Fraunhofer-Studie: Seite 9

Für jede Komponente, deren optimale Größe innerhalb einer Optimierung bestimmt werden soll, wird ein ausreichend großes Intervall angegeben, innerhalb dessen der erwartete Zielwert liegt. Für die Photovoltaik nehmen wir z. B. an, dass die installierte Gesamtkapazität in einem optimierten Energiesystem einen Wert zwischen 0 GW und sicher nicht mehr als 400 GW annimmt. Für einige Komponenten haben wir die obere Grenze auf die heute bekannten Potenzialgrenzen (vgl. Kapitel 3) beschränkt oder die Größe fix vorgegeben, da die Kapazität mancher Technologien schon heute annähernd erreicht ist. So haben wir für die Kapazität der Laufwasserkraftwerke einen fixen Wert von 5 GW maximaler Leistung bei einer Jahreserzeugung von 21 TWh angenommen. Die Leistung und die speicherbare Energiemenge der implementierten Pumpspeicherkraftwerke wurden mit 10 GW bzw. 60 GWh als konstant angenommen und für die Verwendung von Biomasse im Strom- und Wärmesektor wurde ein fixer Wert von 50 TWh (gasförmige Bio-Brennstoffe) festgelegt.

 

Fraunhofer-Studie: Seite 15

Im Gegensatz zu den zuvor erläuterten Technologien spielt der Anteil der Energiebereitstellung durch Wasserkraftanlagen in Deutschland eine eher untergeordnete Rolle. Dies ist auch der Grund dafür, dass sowohl Laufwasser- als auch Pumpspeicherkraftwerke in unserem Modell nicht als Teil der Optimierung, sondern mit fester Größe implementiert wurden.
So haben wir für die Kapazität der Laufwasserkraftwerke einen fixen Wert von 5 GW maximaler Leistung bei einer Jahreserzeugung von 21 TWh elektrischer Energie angenommen. Diese Werte liegen leicht über denen der heute installierten Anlagen. Nach [24] betrug die installierte Leistung von Laufwasserkraftwerken in 2007 ca. 4.3 GW. Die von uns geschätzte Steigerung auf 5 GW kann in Zukunft vornehmlich durch Re-Powering bestehender Anlagen erfolgen.
Der heutige Wert der installierten Leistung von Pumpspeicherkraftwerken liegt nach [25] bei ca. 6.6 GW bei einer Speicherkapazität von ca. 40 GWh. Da sich derzeitig noch einige Anlagen in der Projektierung befinden und auch die geografischen Gegebenheiten noch nicht vollständig ausgeschöpft sind, wird das Potenzial für einen weiteren Ausbau der Pumpspeicherkraftwerke in Deutschland von uns auf maximal 10 GW bei einem energetischen Speichervermögen von 60 GWh abgeschätzt. Diese Werte wurden in der Modellierung fix verwendet.

 

UBA-Studie: 4.1.1 Pumpspeicherwerke

Pumpspeicherwerke speichern Energie in Form von potentieller Energie. In Zeiten geringer Stromnachfrage wird Wasser von einem niedrigen Niveau (Unterbecken) auf ein höheres (Oberbecken) gepumpt und in Spitzenlastzeiten wieder aus dem Oberbecken ins Unterbecken abgelassen, um Strom zu produzieren. Pumpspeicherwerke werden seit Jahrzehnten weltweit eingesetzt, ihr großtechnischer Einsatz ist also langjährig erprobt. In Deutschland beträgt ihre Nettonennleistung derzeit 6,6 Gigawatt 72. Ihre Gesamtspeicherkapazität beträgt ca. 40 Gigawattstunden (GWh)73. 2007 speisten die Pumpspeicher je nach Literaturquelle zwischen 6 und 7,4 Terawattstunden pro Jahr (TWh/a)74 Strom ins Netz75 ein. Moderne Pumpspeicherwerke erreichen einen Speicherwirkungsgrad von über 80 %, in Deutschland beträgt ihr Wirkungsgrad derzeit durchschnittlich ca. 74 %76. Pumpspeicherwerke können auch positive und negative Regelleistung sowie Blindleistung bereitstellen (siehe auch Kapitel 7.4 Versorgungssicherheit).
Pumpspeicherwerke sind aber aus Sicht der Gewässerökologie nur dann akzeptabel, wenn bei ihrem Betrieb zweierlei gewährleistet ist: Zum einen müssen Fische vor dem Eindringen in die Anlage bei der Wasserentnahme aus einem natürlichen Gewässer geschützt werden. Zum anderen muss baulich oder durch die Betriebsweise sichergestellt werden, dass überproportional starke Schwankungen des Wasserspiegels in einem angeschlossenen natürlichen Gewässer beim Ablassen des Wassers aus dem Oberbecken bzw. bei der Wasserentnahme vermieden werden.

 

UBA-Studie: 4.1.1.1 Technische Potentiale in Deutschland

Bis 2020 sind drei neue Pumpspeicherwerke mit einer installierten gesamten Gesamtnennleistung von 1645 Megawatt (MW)77 in Planung. Zusätzlich gehen wir davon aus, dass die Leistungsfähigkeit bestehender Anlagen durch Modernisierungsmaßnahmen um 330 MW erhöht werden kann, sodass bis 2050 eine installierte Nennleistung von ca. 8,6 GW möglich ist.

 

Zuwachs Turbinenleistung Pumpleistung Quelle
Neubau Psw Atdorf 1.400 MW 1.400 MW DENA 2010
Neubau Psw Einöden 200 MW 200 MW DENA 2010
Neubau Psw Blautal 45,5 MW 45,5 MW DENA 2010
5 % Zuwachs durch Repowering bestehender Anlagen 330 MW - Eigene Berechnung
Gesamt 1.975,5 MW 1.644,7 MW

 

Weiterhin wurden in den neuen Bundesländern 20 Standorte für die Eignung zur Errichtung von Pumpspeicherwerken mit einem technischen Potential von 14 GW und durchschnittlich 5,5 Volllaststunden Speicherkapazität ermittelt79. Insgesamt ist das ökologische Zubaupotential für neue Pumpspeicherwerke jedoch begrenzt. Die Gründe sind fehlende geeignete Standorte, gesetzliche Vorschriften zum Naturschutz und mangelnde Akzeptanz in der Bevölkerung für den Bau neuer Großprojekte80.
Neuartige Speicherkonzepte sehen beispielsweise die Stromspeicherung in Bergwerken vor, die eine Tiefe bis zu 1600 Meter haben. Da über die Machbarkeit und die ökologischen Folgen der Nutzung von Bergwerksspeichern zu wenig bekannt ist, berücksichtigen wir diese Potentiale hier nicht.
Im Sinne einer eher konservativen technisch-ökologischen Potentialschätzung gehen wir bis 2050 für Deutschland von einer installierten Turbinenleistung von 8,6 GW aus. Dieser Wert ergibt sich aus der derzeit installierten Leistung von 6,6 GW, dem bis 2020 geplanten Pumpspeicherneubau von 1,64 GW und einer Kapazitätserhöhung durch Repowering von 0,33 GW.


Fazit:

Das Bundesumweltamt erreicht in seiner Studie die CO2-freie Vollversorgung der Bundesrepublik mit einem Pumpspeichervolumen von nur 8,6 GW! Damit geht es – wie die Fraunhofer-Studie – davon aus, dass ein Neubau von PSWs über die zur Zeit im Bau befindlichen (Atdorf, Einöden, Blautal) hinaus nicht notwendig ist.

 

Rechnet man das vornehmlich für das deutsche Netz arbeitende Pumpspeicherwerk Vianden (an der Luxemburger Grenze) mit einer Leistung von 1100MW (Ausbau z.Z. auf 1300MW) hinzu, erreicht man die Werte, mit denen Fraunhofer rechnet (10GW).

 

Ein PSW Rursee wird damit zu einem Prestigeprojekt von Trianel. Ohne energiewirtschaftliche Begründung.


Kommentare und Pings sind geschlossen.

2 Kommentare

  1. Weder in den von Ihnen zitierten Studien, noch in den von Ihnen präsentierten Ausschnitten wird gesagt, dass der Bau von neuen Pumpspeicherkraftwerken nicht nötig sei. Es wird viel mehr festgehalten, dass nur eine begrenzte Anzahl von technisch möglichen und ökologisch verträglichen Standorten gibt.
    Außerdem, seit wann ist ein Stausee ein natürliches Gewässer?

  2. Robert K. sagte am 30. Januar 2013 um 00:45

    Zu Jan:Also ich hab die Bi und die Studien so verstanden: Beide Gutachten sagen, dass für Pumpspeicherwerke in Deutschland nur begrenzt Platz vorhanden ist.
    Das Umweltbundesamt sagt: Um die Energiewende in Deuschland zu schaffen, reichen uns 8,6 Gigawatt Pumpspeicherleistung. Die 8,6 GW bekommen wir, wenn wir die bereits angefangenen PSWs fertigbauen und die alten PSWs modernisieren. Fraunhofer sagt: Uns reichen 10 GigaWatt, um die Energiewende bis 2050 hinzubekommen.
    Nun sagt die BI: Wenn man beide Studien liest, stellt man fest, dass in beiden Studien das “Super Pumpspeicherwerk” Vianden mit 1,3 GW (an der deutschen Grenze in Luxemburg) nicht eingerechnet wurde. Das Pumpspeicherwerk arbeitet aber für den deutschen Markt und wird von RWE betrieben. Also muß man es zum deutschen Strommarkt hinzurechnen. Das macht nun die BI und kommt damit auf ein PSW-Leistungspotential von 9,9 GW. Damit erreicht sie die Vorgaben, die Fraunhofer in seiner Studie annimmt. Damit braucht man, um die Energiewende zu schaffen, keine neuen Pumpspeicher zu bauen. Find ich eigentlich logisch.
    Du hast natürlich recht, ein Stausee ist kein natürliches Gewässer aber betrachte es mal aus der Fischperspektive: Ich glaube, dem Fisch der in die Turbine des Pumpspeicherwerks geschreddert wird, ist es ganz egal ob er vor seinem Tod in einem natürlichen Gewässer oder in einem Stausee glücklich war.

Mit dem Abschicken Deines Kommentars
akzeptierst Du die Nutzungsbedingungen